Was regst dich denn so auf?

Da war er wieder der Satz, der es schafft mich erst recht wütend zu machen. Mich über das unkollegiale Verhalten einer Person aufzuregen, war anscheinend mal wieder nicht angebracht. Besser hätte ich wohl einfach die Klappe halten sollen und Ja und Amen sagen sollen. Ich habe es satt.

Die letzten Wochen waren anstrengend – nein die letzten 1,5 Jahre waren anstrengend und dicht. Die Pandemie und ihre Auswirkungen sind auch an mir nicht spurlos vorüber gegangen. Vieles hat sich verändert. Vielleicht halte ich gerade deshalb an gewissen Werten fest. Weil sie mir wichtiger denn je sind. Wie etwa Loyalität. Menschen und Institutionen, die ich schätze und lange kenne – denen gegenüber verhalte ich mich loyal. Soweit so gut. Blöderweise erwarte ich diese Loyalität auch von anderen mir gegenüber. Und das ist das Problem. Ich will hier jetzt gar nicht ins Details gehen, da es nichts zur Sache tut. Aber wenn mir gegenüber keine Loyalität entgegen gebracht wird und ich dann auf den Hinweis, dass ich mir diese erwartet habe den Satz höre: „Was regst dich denn so auf?“, sehe ich rot.

Sei nicht so emotional

Ich lese gerade ein kluges Buch von Senja Gräfen „Radikale Selbstfürsorge. Jetzt!“ Darin schreibt sie: „Zeigen wir eine emotionale Reaktion, sind wir schnell ‚zu emotional‘, ‚zu empflindlich‘, einfach generell ‚zu viel‘ oder auch ‚nicht normal‘. Wenn wir traurig, ängstlich, überfordert oder wütend sind, ist da unsere eigene Schuld und außerdem etwas, das wir schnellstmöglich zu richten haben, um dann wieder zu ‚funktionieren‘.“

Genau so ist es. Jahrzehntelang wurde uns eingebläut lieb, nett und brav zu sein. Ja keine Gefühle zeigen, weil wir dann schwach wirken. Schön brav funktionieren, das ist professionell. Doch zu welchem Preis? Die heruntergeschluckten Emotionen verursachen so viele körperliche Symptome. Ich frage mich gerade, ob die tagelangen Kopfschmerzen vielleicht doch nicht nur dem Wetter und der vielen Arbeit geschuldet sind. Sondern meinem Ärger, den ich nicht ausgesprochen habe, mir stattdessen auf die Zunge gebissen habe um mich nicht wieder fragen lassen zu müssen, was denn mit mir nicht stimme.

Heldin sein heißt zu den eigenen Emotionen zu stehen

Sie wahrnehmen, sie auch auszudrücken, um sie auch loslassen zu können und sich nicht weiter damit herumschlagen zu müssen.

Emotionen wahrzunehmen, vielleicht auch zu benennen, ist ein wichtiger erster Schritt um mit ihnen umzugehen. Und mit umgehen meine ich nicht wegschieben. Sondern sie nutzen. Sich fragen:

  • Worauf weist mich diese Emotion hin?
  • Warum bin ich jetzt wütend/traurig/ängstlich?
  • Was ist der Auslöser und wie kann ich mit dem Auslöser umgehen?
  • Wie kann ich die Energie der Emotion konstruktiv nutzen? Was kann ich verändern?

Ich schreibe zu diesen Fragen in meinem Notizbuch und werde mir so vieler Dinge bewusst und dann ebbt die Emotion meist auch ab und ich sehe klarer.

 

Ja ich bin ein emotionaler Mensch. Und genau so will ich das auch, denn die Emotionen sind es, die uns lebendig machen, mit denen ich mich spüre. Wären sie nich mehr da, wäre ich abgestumpft – und wer will das schon?

Was ich auf jeden Fall nicht will: Menschen, die mir sagen, ich soll nicht so emotional sein! Sorry Leute, da spiele ich nicht mit!